© Parlamentsdirektion / PHOTO SIMONIS
Im Gedenkjahr 2018 hat Österreich in zahlreichen Initiativen und Veranstaltungen der Gräuel des Nationalsozialismus gedacht. Es steht außer Frage, dass die historische Aufarbeitung des Holocaust und die fundierte Medienberichterstattung darüber wichtige Beiträge dafür leisten, dass die Wachsamkeit gegenüber Antisemitismus in unserem Land weiter gestiegen ist. Aus seiner historischen Verantwortung heraus hat Österreich den Auftrag, sich sehr gezielt mit antisemitischen Tendenzen in unserer Gesellschaft auseinanderzusetzen. Dafür kann die Forschung wertvolle Grundlagen schaffen. Aus diesem Grund habe ich eine umfassende empirische Studie in Auftrag gegeben, um den Status antisemitischer Ressentiments im Österreich des Jahres 2018 sozialwissenschaftlich zu erheben. Das Studiendesign trägt auch der Debatte über die oft als „importierten Antisemitismus“ bezeichneten Einstellungen gegenüber Jüdinnen und Juden Rechnung. Die nun der Öffentlichkeit und der Forschung zur Verfügung stehenden Ergebnisse ermöglichen es, gezielte Maßnahmen im weiteren Kampf gegen antisemitische Stereotype zu entwickeln. Das ist nicht nur unsere historische, sondern unsere immerwährende Verantwortung.
Hier finden Sie die Fortsetzung der Antisemitismus-Studie 2018.
Die Fortsetzung der Studie im Auftrag der Parlamentsdirektion zielt darauf ab antisemitische Einstellungen und ihre Artikulation im Zeitverlauf zu erforschen.
Aktualisierung 20. August 2020
01.11. – 18.12.2018
Der Befragungszeitraum erstreckte sich vom 1. November bis 18. Dezember 2018.
2.731 Befragte
Die für die österreichische Bevölkerung (ab 16 Jahren) repräsentative Stichprobe umfasst 2.128 Personen. Die zwei weiteren Aufstockungsgruppen enthalten jeweils 302 und 301 Personen. Die gesamte Stichprobe setzt sich aus 2.731 Personen zusammen.
Studienkoordination: Thomas Stern
Thomas Stern gründete 1989 einen Verlag für Weiterbildung, der sich in ein auf digitale Kommunikation spezialisiertes Unternehmen entwickelt hat. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die Aufbereitung und Kommunikation der Geschichte des Nationalsozialismus in Österreich, wofür das Unternehmen 2003 mit dem Staatspreis Multimedia ausgezeichnet wurde (Projekt mauthausen-memorial.at). 2010 wurde Stern zum Kurator des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands ernannt, 2018 zum Mitglied des Kuratoriums des Österreichischen Nationalfonds gewählt. Thomas Stern war unter anderem Studienleiter von SEMA 88, der ersten österreichischen Antisemitismuserhebung mit Schwerpunkt Studierende. 1988 war er Co-Herausgeber von „Geschichte und Verantwortung“ mit Beiträgen von Simon Wiesenthal, Henry Friedländer, Erwin Ringel und anderen.
Das Studiendesign der aktuellen Untersuchung, wie die muttersprachliche Erhebung, der umfassende Methodenmix und die Items des Fragenbogens wurden von ihm geprägt.
IFES & Demox Research
Die durchführenden Institute waren das Institut für empirische Sozialforschung (IFES), Demox Research und Telemark. Die Daten wurde mittels folgender Erhebungsverfahren erhoben:
Österreich
Die Daten wurden repräsentativ für Österreich erhoben.
Die Verteilung auf die Bundesländer stellt sich wiefolgt dar:
Arabisch, Türkisch
Für türkisch- und arabischsprachige Personen wurden Aufstockungen der Zufallsstichproben für telefonische, muttersprachliche Interviews (CATI) vorgenommen. Die Stichprobe von 302 türkischsprachigen Personen und die Stichprobe von 301 arabischsprachigen Personen bilden keine homogenen Gruppen ab und stellen keinen Anspruch auf Repräsentativität. Die Auswahl fand über das sogenannte „onomastische Verfahren“ statt.
Die Ergebnisse der Antisemitismus-Studie 2018 im Auftrag der Parlamentsdirektion bieten einen umfassenden Überblick über antisemitische Einstellungen in den folgenden Dimensionen: traditioneller Antisemitismus, israelbezogener Antisemitismus, sekundärer Antisemitismus, Vorwurf der Assimilierungsverweigerung, rassistischer Antisemitismus, Holocaust-Leugnung und religiöser Antijudaismus.
Die Studie bietet eine aktuelle Bestandsaufnahme der Verbreitung der unterschiedlichen Formen des Antisemitismus in Österreich und ermöglicht eine Differenzierung zwischen manifestem (rund 10 % der Befragten) und latentem Antisemitismus (rund 30 % der Befragten). Türkisch und Arabisch sprechende UmfrageteilnehmerInnen stimmen antisemitischen Aussagen fast durchwegs wesentlich stärker zu als die österreichische Gesamtbevölkerung.
Der zusätzlich zur Studie angestellte historische Vergleich mit Umfragedaten aus den vergangenen Jahrzehnten zeigt Entwicklungstendenzen auf und dokumentiert, dass sich das Meinungsklima in der Antisemitismusfrage in Österreich zum Positiven verändert hat.
Am 15. März 2019 präsentierte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka gemeinsam mit Eva Zeglovits (IFES) und Thomas Stern (Braintrust) die Studie „Antisemitismus in Österreich“.
Am 11. September 2019 präsentierte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka gemeinsam mit dem Bildungsexperten Daniel Landau die neue Initiative „Demokratie in Bewegung – Bildung gegen Vorurteile“ im Parlament, die für die Themen Antisemitismus und Rassismus sensibilisieren soll.
Zur Verbreitung von Antisemitismus lagen in Österreich bisher nur vereinzelte Studien vor, die oft schon zahlreiche Jahre zurückliegen. Vor dem Hintergrund des Gedenkjahres 1938–2018 und angesichts der öffentlichen Diskussion über neue Formen des Antisemitismus in Österreich hat die Parlamentsdirektion eine umfassende demoskopische Erhebung in Auftrag gegeben. Die Umfrageergebnisse, die sich auf mehr als 2.700 Interviews stützen, sollen eine Debatte zum Thema Antisemitismus auf einer fundierten empirischen Grundlage ermöglichen. Forschungsbericht und Tabellenbände stehen der Forschung zur Gänze zur Verfügung und sind frei verwendbar.
Neben der umfangreichen Stichprobe von 2.700 Interviewten zeichnet sich die Studie durch folgende Merkmale aus: